Donnerstag, 25. Juni 2009

Heimat, fremde Heimat...

Heimat, fremde Heimat

Tag 6 in Abidjan. Lustig wie schnell man sich in anderen Ländern anpassen kann. Mittlerweile fühlen wir uns hier einigermassen wohl und etwas mehr entspannt. Die permanente Malariaparanoia und Sicherheitsbedenken gehen einem bald auf den Sack und obwohl wir zwar weiterhin vorsichtig sind, kacken wir uns jetzt nicht mehr ganz so sehr an.

Während der Fahrt von einem office des Kunden zum anderen, erblicken wir zufällig einen Hauseingang, der das österreichische Wappen trägt. Austrian Consulate of Cote d´Ivore steht darunter und lustigerweise ist das keine 500 Meter vom Büro entfernt. Wir beschliessen am nächsten Tag in der Früh (Amtsstunden sind ja bekanntlich spätestens zu Mittag vorbei) vorbei zu schauen und artig mit unseren Pässen zu winken. Der Eingang mutet zunächst weniger pompös an, da es sich aber um ein Konsulat und nicht um eine Botschaft handelt, schreckt uns das weniger. Im Vorzimmer sitzt eine Einheimische und fragt uns auf Französisch was Sie für uns tun kann. Wir bitten um Audienz beim Konsul und Sie bittet uns Platz zu nehmen. Ein paar Minuten später kommt ein kurzärmeliger, Mitte 40 und mit Schnauzer geschmückter Herr aus dem Büro und schaut uns in altgewohnter Wiener Manier grantig an. Wir fragen auf Französisch ob er Deutsch spricht und er antwortet un pue (wie schreibt man das?) und bittet uns in sein Büro. Dort hängt eine österreichische Flagge an der Wand, es sieht aber alles relativ behelfsmässig aus. Spätestens nach ein paar Flosklen bricht das Eis und wir unterhalten uns auf Wienerisch. Wir ezählen was wir hier tun und welche Länder wir bereisen werden und er gibt uns allerlei survival Tipps und ruft für uns den Deutschen Botschafter in Liberia und Sierra Leone an, um unsere Ankunft anzukündigen: „Geh bitte passts ma durt auf meine Buam auf.“ Wir werden mit Kontaktnummern und anderen nützlichen Dingen versorgt.

Wie sich heraus stellt, ist seine Frau Irakerin und das natürlich ganz zu unserer bzw. Ali´s Freude, der sich gleich ausgiebig mit ihr unterhält. Der Hauseigene Arzt war auch gerade auf Besuch (ein Franzose) und so sitzen wir bald alle gemeinsam zum Kaffeetratsch beisammen. Der Arzt klärt uns dabei auch über die diversen Malariamedikamente auf und verschreibt uns Tabletten, die wir einnehmen sollen, wenn eindeutigte Krankheitssymptome auftreten. Apropos, ein kleiner Tipp an all jene, die in Österreich leben und planen sich fachkundig über Reisegesundheitsfürsorge zu erkundigen. Geht nicht ins Tropeninstitut in Wien. Ich kann mich noch aus meiner Zeit im Reisebüro erinnern, dass wir auch damals allen davon abgeraten haben. Das ist eine reine Geldabzocke. Grundlegende Informationen können sie nicht geben und egal wo man hinfährt, man bekommt einfach immer die selben Medikamente empfohlen, die man zum Selbstkostenpreis natürlich gleich dort machen kann. Die Beratunsgebühr von 11 Euro ist zum Fenster raus geworfen. Jeder Arzt in den betoffenen Ländern kennt sich wahrscheinlich 10x besser aus, da sie dort auch klarerweise mehr Erfahrung mit diversen Krankheiten haben. Jedenfalls verschreibt uns der Franzose die Sachen und der Konsul schickt seinen Fahrer um uns die Sachen zu besorgen, sehr nett!! Nach ca. 2 Stunden gemütlichen Plauschens, fragt uns der Konsul, ob wir mit ihm heute Abend essen gehen wollen. Kackt der Bär in den Wald? Klar, wollten wir.

Um 20 Uhr holte er uns vom Hotel ab und gleich fühlten wir uns in seinem Auto sehr sicher, da er Diplomatenkennzeichen hat und die stark korrupte Polizei zumind. davor noch zurück schreckt.
Wir steuern das Lokal eines Bekannten an, der sich als 60 jähriger Bayer aus München herausstellt und in Abidjan eine Münchner Wirtschaft betreibt..Wahnsinn! So sitzen wir also in bayrisch verzierter Blau Weiss Blau Einrichtung, untermalt mit musikalischer Begleitung eines Hubert von Goisern und bestellen eine Sauerkrautplatte und Stelze!! Davor gab es Schwarzbrot mit Schmalz und Frühlingsaufstrich und das Bier durfte auch nicht fehlen. Nach der obligatorischen Williamsbirne gaben uns Mr Konsul und sein Freund noch einen kurzen Jodler zum Besten und voll gegessen und erledigt, treten wir gemeinsam die Heimfahrt an. War ein netter und lustiger Abend und die Geschichten, die wir vom Franz hörten (so heisst er mit einem Vornamen, Omar mit dem anderen) waren allesamt spannend und interessant. Vor allem die Zeit während der Unruhen hier dürfte tatsächlich sehr schlimm gewesen sein. Seine Familie wurde damals vom französischen Militär evakuiert und er verschanzte sich wochenlang auf einer abgelegenen Insel („mit 4 Unterhosen und 2 Palletten Bier“!). Gezielt wurden Ausländer angegriffen und entweder schwerst verprügelt, beraubt, oder in manchen Fällen auch getötet. Er erzählte davon, dass Jugendliche die Strassen kontrollierten und wahllos Fahrzeuge anhielten und kontrollierten und dabei Geld oder Wertgegenstände forderten. Alles unter dem Protektoriat des hiesigen Militärs (die dann natürlich bei solchen Aktion mitschnitten). Geschäfte, Hotels und Wohnungen wurden geplündert und im Radio wurden Hetzparolen verbreitet (irgendetwas in der Art wie: verfolgt und vertreibt die weissen Schweine. Sie nehmen euch nur aus, etc. etc.). Ausgeraubt wurde er hier schon ein paar Mal. Einmal mit vorgehaltener Waffe. Ansonsten sei es hier aber mittlerweile sehr entspannt und die Sicherheitslage ist angeblich mehr als akzeptabel (unter Einhaltung gewisser Grundregeln versteht sich). Vor einem Besuch im November riet er uns aber dennoch ab, da dann wieder Wahlen statt finden und das ist in diesem Teil der Welt (und natürlich auch in anderen – siehe Iran) immer besonders heikel. Abgesehen von Politik sprachen wir auch viel über Motorräder, da er selbst leidenschaftlicher Chopperfahrer ist (der Bayer auch, hielt mir stolz ein Photo mit seiner Road King Custom unter die Nase) und da gab es natürlich ausreichend Stoff für lange Benzingespräche. Übrigens gibt es in Cote d´Ivore angeblich nur ca. 20 gemeldete Österreicher. D.h. wir heben mit unserem Besuch den Alpenanteil gleich um ganze 10%!

Bisherige Photos und Jodelvideo unter folgenden Links:

West Afrika

TIA

Na, wer kennt den Film? TIA, This is Africa. Ein Spruch vom Film „Blood Diamond“. Genau diese Worte gingen mir durch den Kopf als Ali und ich an der Elfenbeinküste, in West Afrika landeten. Ich amüsiere mich immer wieder über die handling Prozesse der verschiedenen Flughäfen. Schon damals im Sudan dachte ich mir, Mann, da ist echt kein System dahinter. Abidjan Airport, Ali und ich kommen nach einem 10 Stunden Flug aus Dubai an und sind naturgemäss vollkommen fertig. Ali vielleicht weniger als ich, da er die Nacht vor dem Flug nicht geschlafen hat (geistige Notiz: das war schlau!) und daher fast die Hälfte der Zeit durchgepennt hat. Der Flughafen sieht eigentlich ganz vernünftig aus. Alles ganz aufgeräumt und halbwegs sauber. Dann gehts los. Wir werden von einem Vertreter unseres Kunden abgeholt, der schon vor der Passkontrolle auf uns wartet. Angenehmes Gefühl, ich hätte mich ja wetten getraut, dass das mit der Abholung nicht funktioniert (ich werde mehr und mehr zu einem Pessimisten...). Dann kommen auf einmal zig Kontrollen.
Alle haben sie bunte und unterschiedliche Uniformen an und man vertraut einfach darauf, dass sie alle berechtigt sind zu fordern und streng zu schauen. Der Erste will unseren Impfpass und die darin bestätigte Gelbfieberimpfung sehen (Seitenkommentar: dass das verpflichtend ist in der Ivory Coast, hat uns in Wien beim Tropeninstitut keiner gesagt). Natürlich haben wir uns aber dagegen und noch viel mehr impfen lassen und konnten die erste Kontrolle erfolgreich meistern. Dann übergeben wir die Visa Kopien, die wir schon vorab vom Kunden per e-mail erhielten mitsamt unseren Pässen dem Abholer. Dem folgen wir durch die Passkontrolle, die wir kommentarlos passieren. Der Abholer grüsst alle Uniformierten ganz freundschaftlich. Gutes Gefühl, der Typ ist also echt. Dann warten aufs Gepäck in Mitten einer Horde von anderen Reisenden. Erstes ungutes Gefühl, Vorurteile und Klischees über afrikanische Organisationsskills melden sich lautstark in unseren Köpfen. Aber falsch gedacht, nach ca. 10 Minuten rollen sie alle ganz brav auf dem Laufband daher. Aufatmen. Dann folgen wir dem Abholer, der die ganze Zeit nur das Nötigste mit uns spricht, zum Ausgang. Ali und ich wollten ganz ganz dringend eine Rauchen, aber zuerst müssen wir scheinbar das Visum klären. Also vertrauen wir uns gesamtes Gepäck (ca. 6 Koffer) einem Kollegen des Abholers. In einem anderen Trakt des Flughafens schreiten wir diverse Stiegen entlang um dann im Büro zweier weiblicher Zollbeamtinnen zu landen. Zollbeamte sind weltweit Ungustl (wenn jetzt ein Zollbeamter mitliest, selbst Schuld, lächelt einfach mehr und sprecht mit uns!). Diese aber scheinen gut gelaunt, demonstrieren aber trotzdem die gewohnte Gleichgültigkeit. Unsere Pässe landen erstmal bei ihr in der Schublade und wir werden aufgefordert zu warten und Platz zu nehmen. Warten ist jetzt nicht unbedingt das Wort, das man nach 10 Stunden Flugzeit gerne hört und unsere Müdigkeit, gepaart mit der stärker werdenden Nikotinsucht wirkt sich mehr und mehr negativ auf unsere Geduld aus. Irgendwann fragen wir dann also schon etwas genervt, wann wir denn jetzt unsere Pässe wieder bekommen und der Abholer erklärt uns schliesslich, dass die zur Bearbeitung beim Zoll bleiben und wir diese erst im Lauf der Woche wieder bekommen würden. Europäisch gebildet in Sicherheitsfragen, sties uns das natürlich schwer auf und so legten wir natürlich gleich lautstark Protest ein. Dass das nirgendwo sonst üblich sei und wir auf gar keinen Fall unseren Pass zurück lassen war unsere Reaktion, die den Damen aber eher als Amusement diente als sie zu sonst irgendeiner für uns zufriedenstellenden Lösung verholf. Nach langen Diskussionen und dem Kompromiss eine Kopie unserer Pässe zu erstellen (die ich ohnehin als scan am PC hatte), zogen wir also mit unserer ersten Niederlage von Dannen und bahnten uns den Weg zurück zum Kollegen, der sehr zu unseren grossen Freude noch mit all unseren Koffern auf uns wartete.

Erster nikotingetränkter Atemzug auf Elfenbeinküsteboden. Wetter bewölkt und schwül. Der Anflug war übrigens ziemlich geschüttelt, da sich vor Abidjan gewaltige Gewitterwolken zusammen brauten und das Umfliegen dieser gewaltigen CBs (für die Kenner) ziemlich turbulent war. Ah und die Tatsache, dass wir in einem Airbus sassen hat uns natürlich auch nicht unbedingt beruhigt (siehe Air France). Aber egal, eine saubere Landung, diverse Zollscharmützel später waren wir also am Weg in unsere Unterkunft. Im Vertrag war klipp und klar von 4+ Stern Hotel die Rede und der Kunde war damit auch einverstanden. Als der Fahrer aber nach ca. 10 Fahrminuten in den Hinterhof eines Apartmentblocks einrollt, melden sich ganz unliebsame Gefühle des beschissen worden seins. Wir waren vom Sudan einiges gewohnt, aber allein die Aussenfasade dieses Gebäudes versprach alles, nur keine geruhsamen und sicheren Nächte.
Somit bellen wir den, zugegeben wahrscheinlich unschuldigen Fahrer gleich an und verlangen, dass wir ins Büro des Kunden gefahren werden. Dort angekommen müssen wir zunächst natürlich das übliche Vorstellungskonzert absolvieren und nach einer kurzen, aber sehr bestimmenden Diskussion mit der PA unseres Kunden, einigen wir uns ins Ibis Hotel gebracht zu werden. Voll der Hoffnung kommen wir dort an und die Lobby sah zwar nicht luxiorös, aber zumindest annehmbar aus. Der kurze Moment der Hoffnung war gleich zu Nichte als wir aufs Zimmer kommen. Der Bettbezug sah aus, als ob er nie die Wonne einer Reinigung erhielt und Leintuch, Kopfpolsterbezug und co waren definitiv seit der letzten Benutzung weder gewaschen, noch nicht einmal der Illusion halber glatt gestrichen. Haare überall und ein ziemlich muffiger Geruch. Leider war es aber schon viel zu spät um beim Kunden zu urgieren und so mussten wir wohl oder übel eine Nacht durchhalten. Um so wenig Zeit bzw. Schlaf in dieser Drecksbude zu verbringen, gingen wir zunächst mal auf ein paar Antidepressionsbier in die Hotelbar und dann per Taxi in eine Bargegend (nach vorheriger Auskunft beim vertrauensvollen Rezeptionisten). Dort angelangt, stellen wir fest, dass die meisten Bars (zumindest in dieser Gegend) voll mit französischen Expats sind. Alle sind sehr freundlich und grüssen uns scheinbar als willkommenen Neuzugang. Zu Ali´s und meinem „kleinen“ Nachteil stellte sich leider bald heraus, dass die Mehrheit der Bevölkerung hauptsächlich Französisch und nur wenig Englisch spricht. Zu blöd auch in einer ehemalig französischen Kolonie... Mit den paar Floskeln die ich kannte, reichte es für eine erfolgreiche Bestellung und die Atmosphäre war genau so, wie wir uns das vorstellten. Richtig Afrika halt. Bald gingen wir dann aber ins Hotel, immerhin waren wir ja schon seit fast 20 Stunden unterwegs.

Nächster Tag, Office. Der Kunde sehr nett, wir werden überall vorgestellt, office facilities gut und ausreichend vorhanden, passt. Nach einer kurzen Diskussion mit dem admin officer einigen wir uns schliesslich, dass wir in ein anderes Hotel übersiedeln, dass der Vereinbarung gemäss Vertrag entspricht. Wir checken im Sofitel ein und das Leben sieht gleich ganz anders aus. Laut Plakete ist es ein 5 Stern Hotel. Ist zwar nicht ganz mit dem Standard anderer 5 Stern Hotels in Europa zu vergleichen, aber es ist um Welten besser als das Drecks Ibis Hotel. Anschliessend verbringen wir den Tag dann wieder im office und erledigen die ersten organisatorischen tasks.
Der Kunde lud uns zu einem von der Firma gesponserten Jazz Event ein und das war uns natürlich sehr willkommen. Zurück ins Hotel, frisch machen, Abend essen und los gehts. In Cote d´Ivore ist gerade Regenzeit und das ist uns aus dem Brutofen Dubai kommend zwar nicht gerade unrecht, aber dafür steigt natürlich das Malariarisiko. Ali und ich sprühen uns reichlich mit Insektenschutz ein. Klebriges Zeug das auf der Haut brennt und nicht unbedingt Partylaune macht. Mit dem Taxi fahren wir in die Rue de Mercedes (es gibt dort einen Mercedes Händler, wahrscheinlich daher der Name). Die Strassen sind eher mangelhaft beleuchtet, das einzige Licht scheint von den vielen Bars und Restaurants zu kommen. Das Konzert fand im La Music´all statt, einem lokalen Jazzklub, der angeblich jeden Freitag Live Musik bietet. Sehr nett. Einrichtung eine Mischung aus afrikanischem Tropendecor und urbaner Jazzlounge. Die Beleuchtung rot und schummrig. Der Kunde hat uns einen eigenen Tisch reserviert und wir lernen ein paar der Kollegen aus dem office kennen. Irgendwann später am Abend kommt dann auch der CEO des Unternehmes und wir führen business small talk. Die Band war sehr nett. Keyboard, Schlagzeug, Trompete, Bass und Saxophon waren am Werken und das sehr gut. Nach ca. 2 Stunden verlässt uns der CEO und wir beschliessen noch weitere Nachtclubs zu erkunden. Wenn ich mich richtig entsinne, waren wir in ca. 4 Lokalen an dem Abend. Das Angebot besteht aus Clubs die hauptsächlich von expats besucht werden und reinen local clubs. Es gibt einen Club Havanna, ein Che Cafe, usw usf. In einem Club sah es aus wie in Dubai. Nur Libanesen (die hier neben den Franzosen übrigens die grösste expat community stellen) und typisches Libanesenpartygetue (you know what I mean). Irgendwann beschliessen wir dann den Heimweg anzutreten und schnappen uns ein Taxi.

Und jetzt kommt das Abenteuer. Polizei bzw. Militärcheckpoints sind wir ja jetzt nun schon langsam gewohnt, aber das Erlebniss an diesem Abend war auch für uns neu. Erste Kontrolle, unser Taxi wird zur Seite gewunken. Zwei freundlich wirkende Uniformierte, die AK47 lässig um die Schulter gehängt, bitten uns freundlich um unsere Ausweise. Unsere Pässe waren wie oben erwähnt noch beim immigration office und selbst wenn nicht hätten wir ohnehin nicht unsere Pässe mitgenommen. Ali und ich sind aufgelegt und scherzen mit den Soldaten herum. Ali fragt ob er einmal die Knarre abfeuern darf, alle lachen. Schnell ist klar, dass die freundlichen Genossen es aber auch bald auf Kohle abgesehen haben und so drücken wir ihnen 2 Dollar in Landeswährung in die Hand und alle sind happy. Keine 5 Minuten später, noch ein checkpoint. Jetzt sind wir schon weniger gut aufgelegt und beschliessen nichts mehr zu zahlen. Drei jetzt leider weniger freundlich wirkende Soldaten kommen relativ schnell zur Sache und auch unsere Versuche auf die Sprachbarriere zu setzen (nix verstehen) fruchten eher weniger. Einer der drei leuchtet mit seiner Taschenlampe auf ein Bündel Geldscheine. Eine nicht dezente und sehr deutliche Geste die mit irgendwelchen gebellten Lauten unterstrichen wird. Wir sind beide noch wenig beeindruckt und steigen aus dem Taxi um unseren Standpunkt mehr Halt zu geben. Wir haben schon gezahlt, bla bla, wir haben kein Geld mehr, bla bla. Alles umsonst, sie geben nicht nach und wollen ihr Geld sehen. Jetzt fangen wir zu streiten an und die Diskussion wird immer heftiger. Irgendwann deutet einer der Soldaten zu seinen Kollegen irgendetwas, dass soviel wie „einer wird mitgenommen, der andere bleibt hier“ zu bedeuten scheint. In falscher „Ich bin Europäer und hab Rechte“ Manier, diskutieren wir aber brav weiter, wenn gleich auch ein wenig vorsichtiger, da wir nur ungern irgendwohin mitgenommen werden wollen, schon gar nicht getrennt. Irgendwann reicht es den Soldaten dann aber scheinbar und einer der drei kommt auf mich zu und schwenkt den Lauf seiner Kalaschnikow ziemlich eindeutig in unsere Richtung. Tja und das war dann der Zeitpunkt wo alle Prinzipien, jeglicher Stursinn und Heldentum ziemlich schnell ad acta gelegt werden und man sofort von Held auf Weichei umschaltet. Hände beschwichtigend in die Höhe haltend und die Mimik auf „gaaanz ruhig“ gewechselt und schon greifen wir in unsere Taschen und zahlen eine, jetzt natürlich nicht mehr so geringe Idiotensteuer.

Ziemlich angepisst, aber doch froh, dass das so glimpflich verlief, fahren wir weiter Richtung Hotel. Unser Fahrer scheint von all dem nur wenig beeindruckt, Alltag in Cote d´Ivore wie es scheint. Natürlich waren wir etwas angespannt und haben dann miteinander gestritten (wieso hast du das gesagt, wieso hast du nicht gleich bla bla, ...). Schnell waren wir aber wieder abgelenkt, da unser Fahrzeug keine 10 Minuten später wieder zur Seite gewunken wurde. Man spielt ja gerne mit und stellt das eigene Wohlergehen immer in den Vordergrund. Aber irgendwann will man auch einfach nicht mehr. Wir steigen also beide aus und ohne Absprache versuchen wir es diesmal mit einem Blöff. Was das soll, wir arbeiten für die Regierung, bla bla, aggressive Gesten, etc. Ali zeigt dem etwas jünger wirkenden Soldaten die elektronische Passkarte aus Dubai, die sehr offiziell aussieht und komplett auf Arabisch ist. Ganz oben in fetten Buchstaben steht auf der Karte „Ministry of Interior“ geschrieben und das verwenden wir für unseren Blöff. Es ist ja alles Psychologie und wenn man einmal merkt, dass es eine kleine Spur der Verunsicherung beim Gegenüber gibt, dann fühlt man sich in seiner Taktik bestätigt, gewinnt immer mehr Selbstvertrauen und bleibt auf Vollgas. Wie sein Name ist, Ali und ich mustern seine Uniform auf Namensschilder. Ali zieht seinen Notizblock und fordert seinen Namen. Der Soldat wird immer mehr unsicher und sagt nur no, no, begleitet von einem sehr nervös wirkenden Lächeln. Ich sag zu Ali auf Deutsch „Jetzt haben wir ihn“ und wir werden immer forscher und frecher. Irgendwann bricht dann der Damm und der Soldat gibt auf. Nicht nur lässt er uns jetzt fahren, er entschuldigt sich auch noch bei uns. Als er Ali sogar umarmen will, er ihn darauf hin aber wegstösst, sehe ich noch kurz einen Moment der Spannung, aber alles war nun gegessen. Er kommt auf meine Seite und will mit mir einschlagen und sagt dauernd nur: „my friend, my friend, all good, all good“. Wir schlagen die Türen zu, fahren davon und hauen uns in sicherer Reichweite ziemlich histerisch ab. Sogar der Fahrer lacht. Glück gehabt. Bei der Kontrolle davor, hätten wir mit dieser Taktik wahrscheinlich zwei Ausgänge gehabt, eine (oder mehr) Nacht im sicher sehr angenehmen Gefängnis, oder noch weniger lustig, eine (oder mehr) Schusswunden.

Keine 100 Meter von unserem Hotel entfernt, schon in Sicherheit wiegend, die nächste Kontrolle vor uns. Wir befehlen dem Fahrer (ja, richtig gehört, nicht bitten, befehlen!) nicht anzuhalten und er hört auf uns und fährt langsam, aber doch stetig weiter. Wir hören einen Pfiff, einen zweiten und dann nichts mehr. Wir drehen uns vorsichtig um und sehen, dass der Soldat sich einem anderen Fahrzeug zugewendet hat. Wieder Glück gehabt. Im Hotel angekommen machen wir Bestandsaufnahme. Bei drei Kontrollen haben wir ca. 50 US Dollar abgelegt. Jeder wird jetzt natürlich sagen, dass es nicht wert ist sein Leben für 50 Dollar aufs Spiel zu setzen und das sehen wir genau so. Allerdings werden wir noch ca. 7 weitere Wochen hier verbringen und wenn wir bei jeder Ausfahrt 50 Dollar ablegen, dann kommt schon eine ziemlich grosse Summe zusammen. Andererseits wollen wir natürlich auch heil wieder zurück, keine Frage. Unser Plan ist, ab sofort nur noch mit Leuten fortzugehen, die hier leben und sich auskennen. Toller Plan, ich weiss.

Malaria wird durch Moskitos übertragen, wissen wir. Von meinem Projekt in Sudan weiss ich, dass die Einnahme der Prophylaxe Tabletten mit sehr starken Nebenwirkungen verbunden ist und ich die Dinger nur zur Behandlung einnehmen werde. Zumal wir erfahren haben, dass man die Tablette nur maximal für 20 Tage einnehmen soll. Wir sind ja länger hier. Einschmieren unter Tags bringt nicht so viel, da die weiblichen Moskitos, die Malaria übertragen nur nachtaktiv sind und das Einschmieren mit diesem klebrigen und auf der Haut brennenden Zeugs irgendwann nervt. Im Zimmer haben wir Gelsenstecker, diverse Anti-Insect Gels und andere Sachen aufgestellt, die Fenster sind geschlossen und die Klimaanlage läuft. Ich fühle mich dadurch relativ sicher und ausserdem kann man bei aller Vorsicht ohnehin nicht verhindern, dass man mal gestochen wird (es ist ja auch nicht jeder Stich automatisch mit Malariainfektion verbunden). Ali aber will auf Nummer sicher gehen und hat ein Moskitonetz/Zelt mit. Die Dinger sind eher für den Ausseneinsatz irgendwo im Dschungel gedacht und daher gestaltet sich der spätnächtliche Versuch ein Zelt über unserem Kingsize Bett aufzuhängen eher schwierig bis unmöglich. Heeringe kann man nur schwer in einen Teppichboden einschlagen und die Befestigung an der Decke ohne Haken ist auch eine Herausforderung. Den Versuch das Netz einfach als Überdecke zu verwenden haben wir auch verworfen. Wenn das Ding auf dir drauf liegt, ist es nicht nur lästig, die Gelsen werden auch einfach durch die kleine Netzöffnungen einfach durchstechen und sich köstlich über diese dummen Weissgesichter amüsieren. Also weg mit dem Netz und Augen zu.

TIA...

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