Montag, 6. Juli 2009

Liberia

Mann oh Mann oh Mann. Ich dachte Cote d’Ivore ist ein Erlebnis. Jetzt, bereits so kurz nach Ankunft würde ich sagen, dass Abidjan wie Monaco im Vergleich zu Monrovia ist. Aber der Reihe nach. Der Flug von Abidjan nach Monrovia dauerte 1 Stunde und Brüssel Airlines (vormals Sabena) ist eine sehr angenehme und komfortable Airline. Alles sauber, viel Platz, freundliche Crew, gutes Service, sicherer Eindruck, passt. Landung Monrovia, Ortszeit 19.00 Uhr. Es ist dunkel, stockdunkel. Vom Flieger geht es zu Fuss über zum Terminal, der aussieht, als ob er seit den 70er Jahren nicht mehr renoviert wurde. Drinnen das übliche Chaos mit den vielen verwirrenden Schaltern und procedures. Einreiseformular, Schweinefiebererklärung (als ob das deren grösste Sorge wäre), Gelbfieberimpfpass, etc. Dann noch vorbei an 2 Kontrollen (nothing to declare heisst aus liberianisch so viel wie: schaun wir mal was bei dem zu holen ist). Nach Rückfrage für welche Organisation ich hier arbeite, lässt er mich aber erstaunlicherweise sofort in Ruhe und bittet mich zum Ausgang. Draussen, es ist genau so stockdunkel wie zuvor. Ich sehe nur Bäume und viele Menschen. Ich habe zwei Handys mit. Mein I-phone, dass ich sicher in der Brusttasche verwahrt habe und ein 08/15 Sony Handy, dass ich mir eigens für den Trip besorgt habe. Ich habe vom Kunden eine eigene SIM Karte erhalten. Die Nummer meines Abholers habe ich mir darin gespeichert und vor Abflug hab ich mich telefonisch nocheinmal vergewissert, dass er auch wirklich kommt um mich abzuholen. In den Menschenmengen sehe ich jede Menge Schilder. Medic sans frontiere, UN, World Bank, US AID,etc. Alles, nur nicht meinen Namen oder das Logo unseres Kunden. Ich bin zwar nur mit Rucksack und kleinem, unscheinbaren Trolley ausgerüstet, aber dennoch steche ich ziemlich eindeutig aus der Masse hervor (trotz oder wegen der Dunkelheit). Es dauert keine 5 Minuten und ein Typ quatscht mich von der Seite an. Eine finstere Gestalt und sicher nicht mein Abholer (hoffe ich zumindest). „Excuse me my friend“ sagt er. Ah, alles klar, er will Kohle von mir. Ich ignoriere ihn und versuche eine finstere Miene aufzuziehen, ohne dabei lächerlich zu wirken. „ah I see, you are a tough guy. You think you are a tough guy, right?“ fragt er mich provokant. Nach Sicherheitspersonal sehe ich mich erst gar nicht um. Wäre ohnehin zwecklos. „no, I’m not tough, I’m just tired and I don’t have any money on me“ entgegne ich ihm und tue so, als ob ich in der Ferne meinen Abholer erblicke. Es klappt, er wendet sich ab. Als ich mein lokales Handy heraus hole, um meinen Fahrer anzurufen, stelle ich fest, dass ich kein Netz bekomme. Sehr fein. Fremdes Land, es ist stockdunkel. keine Ahnung, kenne niemanden und kann nicht telefonieren. Ich stelle mich in eine Ecke, fische das I-phone blicksicher aus meiner Tasche, wähle ein anderes Netz wähle die Nummer des Fahrers. Der sagt, dass er eh schon dasteht und schliesslich sehe ich ihn winkend in der Menge stehen. Glück gehabt. Er holt den Wagen, einen Nissan Pathfinder. Alle Autos die ich sehe, sind 4x4. Die Hälfte davon UN Fahrzeuge mit riesigen Antennen und die UN Buchstaben fett auf allen Seiten aufgemalt. Die Fahrt in die „Stadt“ dauert ca. 1 Stunde und die meiste Zeit über ist es nach wie vor finster. Die Strasse ist links und rechts von einem Wald umgeben. Das einzige Licht kommt von den zahlreichen Fahrzeugen. Es sind ziemlich viele Leute zu Fuss unterwegs und ich habe dauernd Angst, dass wir jemanden überfahren, da wir quasi im Blindflug unterwegs sind. Jedes Überholmanöver ist von Hupen und Fernlich begleitet und ich freue mich einfach nur noch ins Hotel zu kommen. Alle 100 Meter überholen wir ein UN Fahrzeug. Angeblich sind in Liberia die meisten UN Trupps weltweit im Einsatz. UNMIL heisst die Mission hier. Manchmal passieren wir einen Abschnitt, an dem einige Hütten und Imbissartige Lokale zu sehen sind. Das schummrige Licht der wenigen Glühbirnen die sie benutzen, reicht gerade mal um zu erkennen, dass hier Leute sitzen. Spasshalbe frage ich meinen Fahrer, ob ich mich hier Abends frei bewegen könnte. Das lange „aaaahhhmmm“ reicht mir vollkommen als Antwort und ich frage gar nicht erst nach was passieren könnte, wenn ich es doch tun würde. Irgendwann entdecke ich, dass die Benzinanzeige aufleuchtet (nebst ein paar anderen unwichtigen Warnlampen wie Bremsanzeige usw). Anthony, so heisst mein Fahrer, hat dies aber schon bemerkt und meinte, dass wir kurz beim Büro vorbeifahren werden um Geld zu holen. Aha... Wir kommen am Büro vorbei, er parkt den Wagen auf der Hauptstrasse und bittet mich kurz zu warten. Sobald er den Wagen verlässt, aktivere ich Held sofort die Zentralveriegelung. Es dauert auch keine Minute und schon bin ich umringt von Jugendlichen, die mich neugierig, aber irgendwie nicht so freundlich mustern. Anthony kommt zurück und wir fahren weiter. Kurzer Tankstopp und weiter geht es Richtung Hotel. Das Hotel heisst Cape Hotel und ist in Mamba Point Monrovia gelegen. Der Präsidentschaftspalast und das Justizministerium liegen keine 500 Meter entfernt. Ich frage sicherheitshalber gleich nach, wann die nächsten Wahlen sind und als ich 2011 zur Antwort bekomme, bin ich beruhigt. Wir kommen auch am UN Headquarter vorbei. Schützentürme mit Maschinengewehrposten, Betonsperren, automatische Bodenplatten mit Nagelbrett, sehr beruhigend das alles. Ich weiss schon wo ich hin laufe, wenn irgendwas schief läuft. Aber dann endlich, wir kommen im Hotel an. Von aussen sieht es sehr majestätisch aus. 4 Stockwerke die sich in kolonialartiger Bauweise mit Stein und Holzverputz in unmittelbarer Strandnähe von der Umgebung abgrenzen. Ich sehe das Meer zwar nicht (auch hier ist es dunkel), aber ich höre gewaltige Wellen brechen. Die Lobby ist nett und sieht aus, wie man sich eine Safari Lodge vorstellt. Überall Teppiche mit Leoparden bzw., Zebrabemalung. Viel Holz und eine friedliche Atmosphäre. Mein Zimmer ist im 4. Stock. Es gibt keinen Aufzug. Und ich hatte schon bereut meine Sportsachen nicht mitgenommen zu haben. Das Zimmer ist sehr spartanisch eingerichtet. Afrikastandard, keinesfalls 5 Sterne wie an der Plakete angepriesen. Aber es erfüllt seinen Zweck, ist halbwegs sauber und das Internet ist kostenlos und funktioniert gut (wenn es keinen Stromausfall gibt und das war 3x der Fall in der ersten Nacht). Am nächsten Morgen geh ich zum Frühstück, das in einem Nebenhaus/bungalow serviert wird und ich sehe zum ersten Mal das Meer. Wow, das ist Natur pur. Der Strandabschnitt vor dem Hotel lädt zwar nicht unbedingt zum Sonnen ein, aber die Optik ist gewaltig. Riesige Wellen, die ich sonst nur aus diversen Surfvideos kannte, brechen hier unmittelbar vor dem Strand. Schätzungsweise 4-5 Meter hohe Wellen tosen und machen einen irren sound. Wäre ich Surfer, ich wäre wohl ziemlich happy ob des naturbelassenen und menschenleeren Strandes. Haie gibt es hier angeblich nicht. Es gibt eine Terrasse und nachdem das Wetter bewölkt und angenehm frisch ist, nehm ich das (leider etwas bescheidene) Frühstück dort ein. Anthony holt mich ab und wir fahren ins Büro.

Liberia war die erste Anlaufstelle der Sklaven , die aus den Staaten nach Afrika zurück gesiedelt sind. Nach wie vor gibt es angeblich enge Beziehungen zu Amerika und die Landesflagge sieht auch fast genau so aus die US Flagge. Ein Stern auf blauem Hintergrund und die rot-weissen Streifen darunter. Überall in der Stadt sind Plakate mit diversen Slogans zu sehen: „Pay taxes, it is good for the country“, together for a united and free Liberia“, „be safe, use condoms“, „I paid my taxes, how about you“, usw. Manche Fahrzeuge haben sticker, die eine durchgestrichene Waffe zeigen. Die UNMIL Mission hat nach dem letzten Bürgerkrieg eine Aktion gestartet, um alle Rebellen zu entwaffnen und angeblich hat der Grossteil das auch tatsächlich akzeptiert.

Es ist sehr grün hier. Die Bäume hier sehen so aus, wie man sich Afrika aus dem Fernsehen vorstellt. Photos kommen in Kürze wieder. Ich hab leider mein USB Kabel in Abidjan lassen und kann daher erst am Wochenende uploaden. Photos machen ist hier aber ohnehin so eine Sache. Einerseits komme ich mir irgendwie blöd vor, da es immer ein wenig den Anschein eines Zoobesuchs hat, wenn ich Leute photographiere. Andererseits hab ich auch ein wenig Sorge um meine Kamera :-)

Aber bis jetzt (wohlgemerkt 2. Tag) alles safe and sound. Hoffe das bleibt so!

Die Sprache ist ein wenig gewöhnungsbedürftig. Es ist zwar angeblich Englisch, aber es hat irgendwie so einen Mix aus Afrikanischem und Jamaikanischem Slang. Vielleicht sollte ich ein wenig Sean Paul hören :-)

Ah bevor ich vergesse, ich hab auf der Fahrt ins Hotel ein türkisches Restaurant erblickt. Döner Kebab und türkisch aussehende Belegschaft. Es gibt also Zivilisation hier :-)

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