Heimat, fremde Heimat...

Heimat, fremde Heimat

Tag 6 in Abidjan. Lustig wie schnell man sich in anderen Ländern anpassen kann. Mittlerweile fühlen wir uns hier einigermassen wohl und etwas mehr entspannt. Die permanente Malariaparanoia und Sicherheitsbedenken gehen einem bald auf den Sack und obwohl wir zwar weiterhin vorsichtig sind, kacken wir uns jetzt nicht mehr ganz so sehr an.

Während der Fahrt von einem office des Kunden zum anderen, erblicken wir zufällig einen Hauseingang, der das österreichische Wappen trägt. Austrian Consulate of Cote d´Ivore steht darunter und lustigerweise ist das keine 500 Meter vom Büro entfernt. Wir beschliessen am nächsten Tag in der Früh (Amtsstunden sind ja bekanntlich spätestens zu Mittag vorbei) vorbei zu schauen und artig mit unseren Pässen zu winken. Der Eingang mutet zunächst weniger pompös an, da es sich aber um ein Konsulat und nicht um eine Botschaft handelt, schreckt uns das weniger. Im Vorzimmer sitzt eine Einheimische und fragt uns auf Französisch was Sie für uns tun kann. Wir bitten um Audienz beim Konsul und Sie bittet uns Platz zu nehmen. Ein paar Minuten später kommt ein kurzärmeliger, Mitte 40 und mit Schnauzer geschmückter Herr aus dem Büro und schaut uns in altgewohnter Wiener Manier grantig an. Wir fragen auf Französisch ob er Deutsch spricht und er antwortet un pue (wie schreibt man das?) und bittet uns in sein Büro. Dort hängt eine österreichische Flagge an der Wand, es sieht aber alles relativ behelfsmässig aus. Spätestens nach ein paar Flosklen bricht das Eis und wir unterhalten uns auf Wienerisch. Wir ezählen was wir hier tun und welche Länder wir bereisen werden und er gibt uns allerlei survival Tipps und ruft für uns den Deutschen Botschafter in Liberia und Sierra Leone an, um unsere Ankunft anzukündigen: „Geh bitte passts ma durt auf meine Buam auf.“ Wir werden mit Kontaktnummern und anderen nützlichen Dingen versorgt.

Wie sich heraus stellt, ist seine Frau Irakerin und das natürlich ganz zu unserer bzw. Ali´s Freude, der sich gleich ausgiebig mit ihr unterhält. Der Hauseigene Arzt war auch gerade auf Besuch (ein Franzose) und so sitzen wir bald alle gemeinsam zum Kaffeetratsch beisammen. Der Arzt klärt uns dabei auch über die diversen Malariamedikamente auf und verschreibt uns Tabletten, die wir einnehmen sollen, wenn eindeutigte Krankheitssymptome auftreten. Apropos, ein kleiner Tipp an all jene, die in Österreich leben und planen sich fachkundig über Reisegesundheitsfürsorge zu erkundigen. Geht nicht ins Tropeninstitut in Wien. Ich kann mich noch aus meiner Zeit im Reisebüro erinnern, dass wir auch damals allen davon abgeraten haben. Das ist eine reine Geldabzocke. Grundlegende Informationen können sie nicht geben und egal wo man hinfährt, man bekommt einfach immer die selben Medikamente empfohlen, die man zum Selbstkostenpreis natürlich gleich dort machen kann. Die Beratunsgebühr von 11 Euro ist zum Fenster raus geworfen. Jeder Arzt in den betoffenen Ländern kennt sich wahrscheinlich 10x besser aus, da sie dort auch klarerweise mehr Erfahrung mit diversen Krankheiten haben. Jedenfalls verschreibt uns der Franzose die Sachen und der Konsul schickt seinen Fahrer um uns die Sachen zu besorgen, sehr nett!! Nach ca. 2 Stunden gemütlichen Plauschens, fragt uns der Konsul, ob wir mit ihm heute Abend essen gehen wollen. Kackt der Bär in den Wald? Klar, wollten wir.

Um 20 Uhr holte er uns vom Hotel ab und gleich fühlten wir uns in seinem Auto sehr sicher, da er Diplomatenkennzeichen hat und die stark korrupte Polizei zumind. davor noch zurück schreckt.
Wir steuern das Lokal eines Bekannten an, der sich als 60 jähriger Bayer aus München herausstellt und in Abidjan eine Münchner Wirtschaft betreibt..Wahnsinn! So sitzen wir also in bayrisch verzierter Blau Weiss Blau Einrichtung, untermalt mit musikalischer Begleitung eines Hubert von Goisern und bestellen eine Sauerkrautplatte und Stelze!! Davor gab es Schwarzbrot mit Schmalz und Frühlingsaufstrich und das Bier durfte auch nicht fehlen. Nach der obligatorischen Williamsbirne gaben uns Mr Konsul und sein Freund noch einen kurzen Jodler zum Besten und voll gegessen und erledigt, treten wir gemeinsam die Heimfahrt an. War ein netter und lustiger Abend und die Geschichten, die wir vom Franz hörten (so heisst er mit einem Vornamen, Omar mit dem anderen) waren allesamt spannend und interessant. Vor allem die Zeit während der Unruhen hier dürfte tatsächlich sehr schlimm gewesen sein. Seine Familie wurde damals vom französischen Militär evakuiert und er verschanzte sich wochenlang auf einer abgelegenen Insel („mit 4 Unterhosen und 2 Palletten Bier“!). Gezielt wurden Ausländer angegriffen und entweder schwerst verprügelt, beraubt, oder in manchen Fällen auch getötet. Er erzählte davon, dass Jugendliche die Strassen kontrollierten und wahllos Fahrzeuge anhielten und kontrollierten und dabei Geld oder Wertgegenstände forderten. Alles unter dem Protektoriat des hiesigen Militärs (die dann natürlich bei solchen Aktion mitschnitten). Geschäfte, Hotels und Wohnungen wurden geplündert und im Radio wurden Hetzparolen verbreitet (irgendetwas in der Art wie: verfolgt und vertreibt die weissen Schweine. Sie nehmen euch nur aus, etc. etc.). Ausgeraubt wurde er hier schon ein paar Mal. Einmal mit vorgehaltener Waffe. Ansonsten sei es hier aber mittlerweile sehr entspannt und die Sicherheitslage ist angeblich mehr als akzeptabel (unter Einhaltung gewisser Grundregeln versteht sich). Vor einem Besuch im November riet er uns aber dennoch ab, da dann wieder Wahlen statt finden und das ist in diesem Teil der Welt (und natürlich auch in anderen – siehe Iran) immer besonders heikel. Abgesehen von Politik sprachen wir auch viel über Motorräder, da er selbst leidenschaftlicher Chopperfahrer ist (der Bayer auch, hielt mir stolz ein Photo mit seiner Road King Custom unter die Nase) und da gab es natürlich ausreichend Stoff für lange Benzingespräche. Übrigens gibt es in Cote d´Ivore angeblich nur ca. 20 gemeldete Österreicher. D.h. wir heben mit unserem Besuch den Alpenanteil gleich um ganze 10%!

Bisherige Photos und Jodelvideo unter folgenden Links:

West Afrika

benq - 26. Jun, 09:08

Best Friends

ist es nicht ungewöhnlich was für einen Weg ihr gemeinsam geht. Wie immer super interessant.

danielt - 26. Jun, 12:32

twin biography

Ja, das ist es in der Tat. Ich würde mir wie immer wünschen, dass uns vor 14 Jahren jemand gesagt hätte, dass wir jetzt in West Afrika gemeinsam ein Projekt machen werden. Das hätte ich niemals geglaubt.

Thx Benq!!
benq - 26. Jun, 12:50

Herrlich... hätte ruhig etwas länger gehen können... das Video!

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Zuletzt aktualisiert: 14. Sep, 14:09

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